9. Mai 2023, 20 Uhr:
Benefizkonzert für die Opfer von Krieg, Terror und Gewalt
unter der Schirmherrschaft des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur
Bürgersaal · Rathaus · 34117 Kassel
Arrieu Holzbläserquintett des Landesjugendsinfonieorchesters Hessen
mit Werken von Frida Kern, Aude Clesse, Claude Arrieu, Vivienne Olive und Camille van Lunen
Das junge Arrieu-Holzbläserquintett schlägt in dem Benefizkonzert „Mit der Kraft
der Musik“ am 9. Mai im Bürgersaal des Kasseler Rathauses nicht nur einen zeitlichen
Bogen vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis in unsere Zeit, sondern – passend zum
Europatag – auch einen räumlichen, denn die Komponistinnen des Abends stammen aus
Frankreich, den Niederlanden, England und Österreich, ihre Werke sind höchst abwechslungsreich
und versprechen einen spannenden Konzertabend.

Frauentreff Brückenhof
Der Erlös des Konzertes geht an den Frauentreff Brückenhof für das neue „Projekt für
geflüchtete Frauen über 45“. Mit den Mitteln soll für die meist älteren Geflüchteten ein Ort
der Begegnung geschaffen werden, sie sollen durch Sprachförderung ihre Kommunikationsfähigkeiten
im neuen Leben verbessern, durch Sport und Bewegung ihre körperliche
und geistige Gesundheit stabilisieren sowie durch kulturelle und politische Bildungsangebote
am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.
Projekt Brückenhof
Begegnung, Bewegung und Bildung
Jeder Mensch hat eine individuelle Geschichte, doch die Biografien von geflüchteten
Frauen weisen auch gemeinsame Erfahrungen auf. Die Teilnehmerinnen im „Projekt für
geflüchtete Frauen über 45“ haben ihre Heimatländer verlassen und inzwischen ein Alter
erreicht, in dem sie in eine neue Phase ihres Lebens treten. Das „Projekt für geflüchtete
Frauen über 45“ des Frauentreffs Brückenhof will sie auf ihrem Weg begleiten und ihre
Lebensbedingungen in der neuen Heimat verbessern. Das Projekt soll sie darin bestärken,
ihre eigene Geschichte zu reflektieren, ihre Erfahrungen sichtbar zu machen und
ihre Rolle in der neuen Lebensphase zu finden.
Zu den Komponistinnen:
Camille van Lunen (*1957)
Die in Amsterdam geborene Komponistin wuchs in
erschiedenen Ländern Europas auf. Sie begann ihr
musikalisches Studium mit der Bratsche und studierte
Gesang und Komposition in Den Haag und Köln, wo sie heute lebt. In ihrem Werk, das sich durch Witz und Farbenreichtum auszeichnet, stehen häufig soziale Themen unserer Zeit im Mittelpunkt. Camille van Lunen hat im Laufe ihres bisherigen Schaffens eine große Bandbreite an Auftragskompositionen zur Aufführung gebracht. Von der Kinderoper „Der Felsenjunge“ (Leverkusen, 2005) bis hin zu „O Mare Nostrum“ (Acht Brücken Festival Köln, 2016), eine Adaption
ihres preisgekrönten Werkes „O Sacrum Convivium“ in
welcher van Lunen neu in Deutschland angesiedelten Flüchtlingen eine Stimme verleiht. Doch auch feinsinniger Humor ist in Camille van Lunens Kompositionen zu finden. Beispiele dafür sind das hier aufgeführte Bläserquintett „Entgleist“ (2006) oder die „Songs of the British Isles“ (2008). Van Lunens OEuvre ist sowohl anspruchsvoll als auch dankbar für Interpreten und Publikum. Sie ist damit zweifellos eine wichtige Stimme in der zeitgenössischen Musikwelt. Camille van Lunen war 2015-2016 Composer in Residence at the Instituto Gulbenkian de Ciência (Lissabon). Sie ist gewann verschiedene Preise und Auszeichnungen.

Claude Arrieu (*1903, Paris- 1990, Paris)
Die Namensgeberin des heutigen Ensembles wurde am 30.9.1903 als Louise-Marie Simon in Paris geboren. Sie zeigte schon
sehr früh ihr musikalisches Talent und fing schon als Fünfjährige an, zu komponieren. Ab dem vierten Lebensjahr gab die Mutter,
selbst Komponistin und Pianistin, der Tochter Klavierunterricht.
Mit 21 Jahren studierte sie am das Konservatorium in Paris, wo sie Klavierunterricht bei Marguerite Long und Kompositionsunterricht
bei Jean-Jules Roger-Ducasse und Paul Dukas erhielt. Roger-Ducasse war von ihrem Talent so überzeugt, dass er ihre
Kompositionen dem Verleger Durand empfahl. In dieser Zeit nahm sie das Pseudonym „Claude Arrieu“ an, um dem Vorurteil, das komponierenden Frauen gegenüber herrschte, entgegenzutreten. Durch den Vorname Claude, der sowohl männlich als auch weiblich
ist, wollte sie dem Problem aus dem Weg gehen. 1932 erhielt sie den 1er Prix de Composition, dem mehrere weitere Preise (Prix Ambroise Thomas, Prix Lepaulle, Prix de Gouyd’Arsy) folgten. 1935 fing sie bei Radio France an zu arbeiten, um ihren Lebensunterhalt
zu bestreiten. Ab 1947 konnte sie es sich erlauben, als freischaffende Komponistin zu leben. 1949 gewann sie mit dem Radiostück „Frédéric Général“ den Prix d‘Italia. 1956 verlieh ihr die französische Ehrenlegion für ihre Verdienste bei Radio France den Titel „Chevalier de la Légion d‘Honneur“. Arrieu schrieb Werke für nahezu alle musikalischen Gattungen, darunter auch Filmmusik und Rundfunkpartituren. Ihre Opern, meist Opéras bouffes, sind
dramatisch und komisch zugleich. Ihre Kompositionen werden – ebenso wie die Werke Strawinskis – dem Pariser Neoklassizismus des 20. Jahrhunderts zugerechnet. Rhythmisch-metrischen Aspekten gilt ihr Hauptaugenmerk, in der Harmonik findet sie zu eigenständigen Lösungen.

Vivienne Olive (*1950)
Prof. Vivienne Olive wurde am 31. Mai 1950 in London geboren. Sie studierte am Trinity College of Music in London, an der Universität York bei Bernard Rands, Franco Donatoni, Roman Haubenstock-Ramati und in Freiburg bei Klaus Huber (1975-1978). 1975 promovierte sie im Fach Komposition an der Universität von York.
Vivienne Olives Oeuvre umfasst mehr als 70 Werke, von Kompositionen für Blockflöte bis hin zur Oper. Sie gewann verschiedene Preise und Auszeichnungen. 2005 war sie „Composer in Residence“ in Bundanon, New South Wales, Australien. Viele ihrer Werke sind Kompositionsaufträge. Vivienne Olive war Dozentin für Musiktheorie und Komposition an der Hochschule für Musik Nürnberg-Augsburg (ehemals Meistersingerkonservatorium). 1980 war Vivienne Olive Mitgründerin der Tage Neuer Musik in Nürnberg. Von 1993-1995 war sie als Dozentin und Komponistin in Australien tätig: An der Universität Ballarat und an der James Cook University, Townsville, wo sie die dortige Musikakademie und das Musikfestival „Contempofest 94“ leitete. Im August / September Vivienne Olives Gesamtwerk wird vom Furore Verlag verlegt. Komponieren ist für Vivienne Olive in erster Linie ein persönliches Erlebnis, die subjektive Möglichkeit, sich auszudrücken. Auf die Frage, inwiefern ihre Musik — wie auch andere zeitgenössische Musik — ‚elitär‘ sei, da ja nur eine kleine Gruppe von Fachkundigen sie intellektuell begreifen könne, antwortete sie in einem Interview, es gebe zwei Ebenen, auf denen der Hörerende erreicht werde: die intellektuelle und die gefühlsmäßige. Im Zentrum ihrer Botschaft stehen „die Gefühle um die Seele des Publikums“.
(Foto: Volker Blumentaler)

Aude Clesse (*1980)
Aude Clesse stammt aus Frankreich und gewann 2017 den 3. Preis beim Kompositionswettbewerb „Aufbruch“ für Blechbläserquintett und 2019 für das heute aufgeführte Elégie & Humoresque den 2. Preis Kompositionswettbewerb „Emotion“.
Mit zehn Jahren lernte sie Klavier am Konservatorium de Musique d‘Esch sur-Alzette (Luxemburg). Mit 24 Jahren fing sie an, Saxophon zu spielen. Nach mehreren Jahren Studium des musikalischen Schreibens, einschließlich Harmonie, Kontrapunkt und Fuge am Konservatorium in Esch-sur-Alzette, wurde sie in die dortige Kompositionsklasse aufgenommen. Sie studierte außerdem an der Universität Metz (Frankreich) Musikwissenschaft. Neben ihrer kompositorischen Tätigkeit unterrichtet sie Klavier und Musiktheorie
an mehreren Musikschulen in Frankreich.

Frida Kern (1891 Wien- 1988 Linz)
Österreichische Komponistin und Dirigentin. Prof. Frida
Kern, geb. Seitz, übersiedelte mit ihren Eltern, Wilhelm
und Hermine Seitz 1896 nach Linz. Dort heiratete sie
1909 im Alter von 18 Jahren den Bankbeamten Max
Kern.
Sie studierte von 1912 bis 1914 an der Musikakademie
Wien. 1923 setzte sie ihr Musikstudium bei Franz
Schmidt (Komposition) und Robert Heger (Dirigieren)
fort. Weitere Lehrer waren Dirk Fock, Eusebius Mandyczewski
und Alexander Wunderer. 1927 schloss sie mit
dem Examen in Komposition und Kapellmeisterfach
ab und war danach als freischaffende Komponistin tätig.
Sie gründete eine Damenkapelle, mit der sie auf
Tournee durch Europa und Nordafrika ging. Die von ihr
komponierten Werke wurden im Radio und bei Konzerten gespielt.
Ihr Nachlass befindet sich in der Österreichischen Nationalbibliothek.
